700 Jahre Mühlen­geschichte

Die Geschichte der Ober-Ramstädter Mühlen ist sehr alt. Die Grafen von Katzenelnbogen waren im 12. Jahrhundert tüchtige und innovative Herrscher. Sie hatten zwischen Eberstadt und Ober-Ramstadt begonnen, sehr fortschrittliche Mühlen bauen und betreiben zu lassen. In Ober-Ramstadt sind viele der 17 Mühlen­standorte auf die katzenelnbogische Herrschaft zurückzuführen, sodass man mit Fug und Recht von einer 700jährigen Mühlentradition sprechen kann.

Dass es heute das alte Ober-Ramstädter Mühlengewerbe nicht mehr gibt, sieht man einmal von der Schlossmühle ab, ist dem technischen und wirtschaftlichen Wandel zuzuschreiben. Der Dreißigjährige Krieg hat die erste einschneidende Zäsur durch die Abkehr der Erbleihe herr­schaft­licher Mühlen hin zu Eigentumsmühlen begünstigt. Die zweite Zäsur war der aufkommende Walzenstuhl in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Schließlich verdrängten Dampf- und Elektroantriebe um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert die Wasserkraft als Antriebsenergie.

Geblieben sind aus alter Zeit viele Mühlengebäude, die aber inzwischen in der Regel als Wohn- oder Gewerberäume genutzt werden; manche sind ganz verschwunden.

In der 64seitigen Broschüre "Der Mühlenweg von Ober-Ramstadt" erfahren Sie zahlreiche Details über die Geschichte der Mühlen.

Mehr über die Mühlen von Ober-Ramstadt erfahren Sie in der 64seitigen Broschüre „Der Mühlenweg von Ober-Ramstadt“. Diese ist für 9,80 Euro zu beziehen bei der Ober-Ramstädter Buchhandlung Bücher-Blitz, der Nieder-Modauer Schreibwarenhandlung Papiri und beim Verein für Heimatgeschichte über info@museum-ober-ramstadt.de

Die Schachenmühlen

Die vier Mühlen, Modau aufwärts, waren die Spenglermühle, die Doppelmühle Bender und Burger sowie die Breitwiesermühle; sie lagen auf Grasland, durchsetzt mit Wald und niederem Gebüsch. Im althochdeutschen Sprachgebrauch hieß dieses Land Schachen. Daher die Namensgebung „An den Schachen“.

Die Spenglermühle, erstmals 1451 als „Neue Mühle“ benannt, hatte zwei Wasserräder und zwei Mahl- und Schälgänge. Im 17. Jahrhundert bekommt sie den Namen „Neue Schachenmühle“.

Die Bendermühle ist 1629 als Mühle mit zwei Mahlgängen genannt, und die Burgermühle wird bereits 1303 erwähnt. Sie wird als älteste Mühle Nieder-Ramstadts noch heute von der Familie Bender bewohnt. Die Breitwiesermühle war ursprünglich eine Schleifmühle; Getreide wurde hier erst im 19. Jahrhundert gemahlen. Nach dem Tod von Wilhelm Breitwieser verkaufte seine Witwe das Anwesen an die Schwäger Philipp Wacker und Carl Dörr. Das florierende Unternehmen „Wacker & Dörr“ errichtete auf dem Gelände 1901 einen dreistöckigen Fabrikneubau mit Maschinenhaus und Kraftanlage. Trotz zweier Kriege entwickelte sich die Firma zu einem führenden Unternehmen der Kunststoffverarbeitung mit bis zu 800 Mitarbeitern.

In der esten Hälfte der 1990er Jahre wurde nach und nach die Fabrikation eingestellt und das Unternehmen verkauft. Als „Wackerfabrik“ hat es sich heute zu einem prosperierenden Gewerbe-, Kultur- und Wohnpark entwickelt.

Deutlich sichtbar sind die Zeichen der industriellen Entwicklung im 19. Jahrhundert

Relikte der industriellen Entwicklung findet man immer noch in der heutigen Wackerfabrik.

Die Waldmühle

Die älteste urkundliche Erwähnung der Waldmühle stammt aus der Zeit kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg. Um 1600 bittet der Weißgerber Michael Müller aus Darmstadt, die Walkmühle „zu Rambstatt“ betreiben zu können. Urkundlich ist 1629 erwähnt, dass es sich um eine Schleif- und Poliermühle handelte, um Waffen und metallene Rüstungen der Ritter zu polieren.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Mühle auf Mehlerzeugung umgestellt, im Sprachgebrauch wurde aus der „Walkmühle“ die „Waldmühle“, die noch heute gebräuchliche Bezeichnung.

Um 1900 kauft der „Hammermüller“ Karl Breitwieser das Anwesen, nur wenige Jahre später wird es stillgelegt. Es folgen neue Besitzer: Gustav Rüger nutzt die Wasserkraft für die Kammproduktion, die Odenwälder Feldbahn- und Maschinenfabrik baut hier Lokomotiven für den Schmalspurbetrieb, danach folgen zwei Eisengießereien.

Von 1930 an betreiben die Fabrikanten Anthes und Gebhardt hier eine Maschinenfabrik, die am Ende des 20. Jahrhunderts geschlossen wird. Die Waldmühle ist heute ein Wohnquartier, und in einer Pflegeeinrichtung werden an Demenz erkrankte Menschen betreut.

Luftaufnahme der Waldmühle und der Renaissance-Torbogen

Viele Gebäude der ehemaligen Waldmühle sind mittlerweile der modernen Siedlungsplanung zum Opfer gefallen – lediglich die Gebäude am Waldrand existieren noch, ebenso der Renaissance-Torbogen mit der Inschrift „Ist erbauet worden von Ludwig Balthasar Gansz 1793“.

Die Eismühle

Seit 1403 wissen wir von der Existenz der Eismühle; als Pächter der „untersten Mühle“ wurde Heinrich Räuber genannt. Eigentümer waren die Grafen von Katzenelnbogen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Mühle zerstört und 1664 von Eckard Müller wieder aufgebaut. Die folgende Generation verkaufte sie an den Landgrafen Ernst Ludwig, um eine Möglichkeit zu schafen, den Eisenhammer samt Eisenschmelze vom Silberberg näher an den Ort zu verlegen – eine Fehlentscheidung, da die Wasserführung dafür ungeeignet war. Statt dessen wurde der Eisenhammer am heutigen Platz der Hammermühle errichtet.

1849 erwarb Leonhard Eis die Mühle und baute sie im Laufe der Zeit zu einem großen 4-Seiten-Hof mit Mühlengebäude, Schneidmühle und Stallungen für Vieh- und Landwirtschaft aus. Nachdem Eis bei einem Motorradunfall tödlich verunglückte, gab seine Familie 1948 den Betrieb an die Familie Nagel weiter. Der Mühlenbetrieb endete Mitte der 1950er Jahre infolge ungeklärter Nachfolgeregelung. Die Erbengemeinschaft verkaufte die östliche Seite der Mühle. Vom Hof blieb nur das Mühlengebäude stehen, der Mühlgraben wurde zugeschüttet und eine ARAL-Tankstelle nebst Werkstatt kennzeichnete über drei Jahrzehnte, von Mühltal kommend, das Eingangsbild Ober-Ramstadts.

Die Mühlengebäude in den 1950er Jahren

In den 1950er Jahren fiel ein großer Teil des 4-Seiten-Hofs dem Bau einer Tankstelle zum Opfer. Heute steht nur noch der Mühlbau.

Die Hafermühle

Die Hafermühle wurde 1923 als Industriemühle zum Schälen von Hirse und Hafer von Jakob Müller II. und Karl Göckel II. gegründet. Ein Fabrikgebäude entstand in der Roßdörfer Straße 29 in Ober-Ramstadt – zwischen Odenwaldbahn und der ehemaligen Firma „Breitwieser und Keller“.

Ihre Blütezeit erlebte die Mühle nach dem II. Weltkrieg. Die amerikanische Besatzungsbehörde stufte sie als wichtigen Nährmittelbetrieb zur Versorgung der Bevölkerung ein. Haferflocken waren in der Nachkriegszeit begehrt – auch als Tauschobjekt.

Mit nachlassender Hungersnot und dem aufkommenden „Wirtschsftswunder“ ging die Nachfrage nach Haferflocken allmählich zurück. Den Ausgleich sollte als neues Standbein das Schälen von Reis schaffen, die in die Anlage gesetzten Produktionsziele wurden jedoch nicht erreicht, was dem Konkurs im Jahre 1956 Vorschub leistete.

Fabrikgebäude mit dem Wiegehäuschen

Das Fabrikgebäude zur Blütezeit der Hafermühle in den 1950er Jahren.

Die Rauhmühle

Die Rauhmühle ist die wohl älteste Mühle Ober-Ramstadts, sie bestand bereits 1398. Ihre Estbesitzer waren die Grafen von Katzenelnbogen, 1479 ging die Mühle in den Besitz der Landgrafen von Hessen und später in Hessen-Darmstädter Besitz über.

Leihbriefe, die im Hessischen Staatsarchiv aufbewahrt sind, lassen erkennen, dass die Pächter zwischen 1398 und dem 30jährigen Krieg im 15jährigen Turnus wechselten. Nach den Kriegsjahren erschien es den Landgrafen nicht mehr sinnvoll, die Mühle wieder aufzubauen. Statt dessen ging sie in den Besitz von Matthes Schwerer über, der sie dann 1650 an Eckhart Müller verkaufte. Ihm ist es zu verdanken, dass die Mühle wieder in Gang kam.

1891 übernahm die Familie Eis von der Eismühle auch die Rauhmühle; 1939 wurde der Müllermeister Max Bensch der neue Eigentümer. Unter dem Namen Bero-Mühle, abgeleitet aus der Telegramm-Adresse der Mühle „Bero“, ist die Mühle noch vielen älteren Ober-Ramstädtern bekannt.

Um eine Tagesleistung von 20 Tonnen Getreide verarbeiten zu können, setzte Max Bensch auf den Einbau von Turbinen, welche die Mühlräder ablösten. Die Krankheit des Müllermeisters und die Konkurrenz der großen Industriemühlen zwangen zur Aufgabe des Mahlbetriebs im Jahre 1955. Bis Ende der 1970er Jahre schälte Benschs Schwiegersohn Herbert Klenk dort noch Hafer zu Futterzwecken. Die Mühle wurde 1988 abgerissen und machte Platz für Wohngebäude.

Die Flurkarte von 1858 mit der Rauhmühle

Am ehemaligen Standort der Mühle – hier die Flurkarte von 1858 – stehen mittlerweile Wohngebäude.

Die Hammermühle

Kaum eine andere Ober-Ramstädter Mühle kann in ihrer Geschichte wechselvollere Nutzungen vorweisen als die Hammermühle. 1629 war sie eine Loh- und Ölmühle; 1708 musste sie Platz für die Verlegung der Bergschmiede vom Silberberg in die Ortsmitte machen. Der Ober-Ramstädter Eisenhammer hatte das alleinige Recht, in der gesamten Obergrafschaft handelsfähiges Eisen herzustellen.

Große Probleme bei der Beschaffung von Roheisen und teure Instandsetzungen am Eisenhammer bewogen Landgraf Ludwig IX. zur Aufgabe und Verpachtung der Anlage, zu deren endgültiger Stillegung es dann 1817 kam. Johann Michael Breitwieser, der das gesamte Anwesen kaufte, ließ die Gebäude oberhalb der Fundamente abreißen und errichtete neue Gebäude für eine Mahlmühle mit Hanfreibe. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts investierte Carl Breitwieser I. in moderne Maschinen, um so dem Mühlensterben zu begegnen. Nach dem II. Weltkrieg musste die Mühle jedoch aufgegeben werden, die Anlage wurde größtenteils verschrottet und der Gebäudekomplex verfiel nach und nach zu einem im Volksmund titulierten „Rattenloch“.

Das letzte Kapitel der Hammermühle beschreibt ihren Wandel von der „ersten Ober-Ramstädter Industrieanlage“ zu einem bürgerschaftlichen Zentrum mit Gastronomie, dessen Einweihung 1984 stattfand.

Luftaufnahme der Hammermühle

Johann Michael Breitwieser baute auf den Fundamenten der alten Mühle einen Vier-Seitenhof, der in den 1980er Jahren restauriert wurde.

Die Eichelmannsmühlen

Im 15. Jahrhundert gab es zunächst nur eine Eichelmannsmühle, die im Besitz der Grafen von Katzenelnbogen war. Ab 1629, so wird vermutet, wurden die Mühle und der Hof geteilt, die jeweiligen Pächter der oberen und unteren Eichelmannsmühle waren die Müller Martin Eck und Hans Lew.

Im Dreißigjährigen Krieg nahmen die Mühlen solchen Schaden an, dass ihr Betrieb ruhen musste, nach Kriegsende bestimmte die Familie Breitwieser die Geschicke der oberen Eichelmannsmühle. Sie wurde ab 1871 von Carl Breitwieser zeitgemäß umgebaut, sein Sohn August Breitwieser VII. war der letzte Mühlenbetreiber und legte sie 1960 still.

Die untere Eichelmannsmühle war ab 1708 im Besitz der Familie Emich, anschließend war es die Familie Schneider, deren männliche Mitglieder alle den Vornamen Franz trugen. Franz Schneider II. baute 1879 die Mühle zu einer damals modernen Rückschüttmühle aus.

Die Eichelmannsmühlen sind heute nicht mehr in Betrieb, aber beide Mühlengebäude stehen noch an der Darmstädter Straße.

Die Wehranlage am Hammerwehr

Die Wehranlage an den Eichelmannsmühlen wurde 2016 vollständig neu aufgebaut, weil sie marode war.

Die Helgertsmühle

Erstmals Erwähnung findet die Helgertsmühle 1696 in der Kirchenchronik. Allerdings muß sie schon vor der Reformation in Betrieb gewesen sein, lässt sich ihr Name doch auf eine „Heiligenmühle“ zurückführen, deren Mühlgraben urkundlich erwähnt wurde.

In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges kann die Mühle den Aufzeichnungen des Gerichtsbuches nach als Pulvermühle betrieben worden sein. 1696 war Johannes Breitwieser Müller auf der Helgertsmühle, sein Sohn Johann Michael Breitwieser führte die Müllertradition ab 1742 fort und bewirtschaftete die Obere Eichelmannsmühle.

Die Mühle fiel 1907 einem Großbrand zum Opfer, nach ihrem Wiederaufbau wurde sie zu einer Hafermühle, die Rudolf Simmermacher, Besitzer dieser Zeit, noch einmal modernisierte: Ein Anbau für eine Dampfdarre samt Lanz-Lokomobil zur Dampferzeugung und als Antriebsaggregat gemeinsam mit zwei Wasserrädern von je 3,50 Meter Durchmesser halfen den Menschen in und um Ober-Ramstadt, über die „schlechten“ Nachkriegsjare zu kommen.

Große Industriemühlen und veränderte Eßgewohnheiten setzten der Helgertsmühle Anfang der 1960er Jahre ein Ende. Heute beherbergt sie ein Künstleratelier.

Die Flurkarte von 1858 mit der Helgertsmühle

Die neue Schloßmühle

Als 1839 die Provinzialstraße nach Gadernheim erbaut wurde, entschloss sich Heinrich Matthes, dort an der Mündung des Rohrbachs in die Modau eine neue Mühle zu errichten. Die Wasserrechte erwarb er von den Erben der Hammermühe, und die Wasserkraft des Rohrbachs sollte zusätzlich für eine Schneidmühle genutzt werden.

Um die Wasserkraft der Modau voll ausschöpfen zu können, ließ Matthes 1841 den Mühlgraben der Schmelzhütte zu seiner Mühle verlegen. Damit verbunden war eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung um die Wasserrechte mit dem Oberlieger Johannes Klinger in der alten Schloßmühle.

In zwanzig Jahren hatte Heinrich Matthes es zu einem ansehnlichen Unternehmen gebracht: zu einer Mühle mit elf Gängen, einer Schäl- und Sägemühle mit zahlreichen Gebäuden, dazu noch 24 Morgen Wiesen- und Ackerland.

Kurze Zeit vor seinem Tod brannte die Mühle 1880 ab, sein Sohn Heinrich Matthes V. baute sie unverzüglich wieder auf. Da Wasserkraft alleine zum Betrieb einer für damalige Verhältnisse großen Mühle nicht ausreichte, setzte er auf dampfbetriebene Antriebskraft, unterstützt von einer Turbinenanlage.

In den vergangenen 30 Jahren der inzwischen 180jährigen neuen Schloßmühle entwickelte sich diese 1988 zu einem mittelständischen vollautomatisierten Unternehmen fast ohne Personal. Und mit dem Konzept „Schloß-Korn“ haben die derzeitigen Besitzer Heinrich Matthes VII. und sein Sohn Dr. Kai-Uwe Matthes der Schloßmühle als letzter mittelständischer Mühle Südhessens Auftrieb für die Zukunft gegeben.

Im Laufe der Jahrzehnte ist die neue Schloßmühle zu einem ansehnlichen Unternehmen gewachsen.

Die alte Schloßmühle

Die alte Schloßmühle in unmittelbarer Nähe zur Burg auf dem Schloßberg war im 12. Jahrhundert deren Versorgungsbetrieb mit Getreideprodukten. Ihre Bewohner standen in Diensten der Grafen von Katzenelnbogen, bis die Burg 1382 vom Wormser Städtebund zerstört und die Mühle niedergebrant wurde.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die wieder aufgebaute Mühle erneut zerstört, bis sie in den 1680er Jahren von Heinrich Bernhard erneuert und um eine Schneidmühle erweitert wurde. 100 Jahre blieb sie im Besitz der Familie Bernhard, bis sie 1825 an Wilhelm Klinger überging.

Die letzten Müller waren die Familie Bauer, die den Betrieb 1872 übernahmen. 1993, nach rund 170 Jahren im Familienbesitz, wurde das Anwesen samt Mühle, die bereits 1986 stillgelegt wurde, verkauft. Heute beherbergt dieses unter Denkmalschutz stehende Gebäude einen Betrieb für kunstvolle Parkettböden – ebenfalls ein altes Handwerk.

Bauplan der Mühle von 1881

Ein Blick auf den Bauplan von 1881 macht sehr gut deutlich, dass sich das Mühlengebäude im Laufe der letzten 140 Jahre praktisch nicht verändert hat.

Die obere Mühle am Neutscher Bach

Diese Mühle wird in Akten des Amts Lichtenberg im Jahre 1449 als „Rawen mulne“ benannt. Sie lag am unteren Ende des Neutscher Bachs, der durch ein Wehr gestaut war. Nach dem gleichen Namen heißt die dabei liegende Wiese „Rawen wiese“, die nach 1554 in den Besitz der Familie Rau zu Holzhausen gelangte.

Der Erbauer der Mühle war wohl ein Mitglied der Müllersippe Rau aus Ober-Ramstadt. Die Mühle selbst zählte zum katzenelnbogischen Lehngut. Schon im 16. Jahrhundert verliert sich ihre Spur. 1849 malte Johann Heinrich Schilbach das Häuschen am Neutscher Bach, genannt „Bergschusters“, welches identisch mit der „Rawen mulne“ gewesen sein könnte.

Der Neutscher Bach ist an der alten Stelle immer noch durch ein Wehr aufgestaut. Nur steht hier seit einigen Jahren keine Mühle mehr, sondern die „Modauhalle“, das Bürgerhaus von Modau.

Ein Gemälde des alten Mühlhauses und die Landkarte aus dem 19. Jahrhundert mit dem Eintrag von "Müllers Haus"

So könnte die verschollene Mühle ausgesehen haben…

…und in der „Karte von dem Großherzogthume Hessen“ (1823-1850) findet „Müllers Haus“ am Neutscher Bach seine Erwähnung.

Die Brückenmühle

1879 findet man im Gewerberegister Ober-Modaus einen Eintrag über Adam Hartmann als „Kundenmüller mit einem Mahlgang“. Zwei Jahre später gab Hartmann gegenüber dem Bürgermeister Keller zu, die Modau unzulässigerweise höher gestaut zu haben als erlaubt. Er musste wohl in Ermangelung eines Mühlgrabens mit dem angestauten Modauwasser ein unterschlächtiges Mühlrad angetrieben haben.

Ein zweites Standbein schaffte sich Adam Hartmann mit der Fabrikation von Schindeln; beide Tätigkeiten beendet er im Jahr 1900 und meldete stattdessen in den Folgejahren ein Gewerbe als Schreiner an. Diese recht kurze Mühlenepisode an der Modaubrücke ist um die Jahrhundertwende nachvollziehbar – zu hart war der Wettbewerb zu jener Zeit.

Der Bauplan der Brückenmühle von Ober-Modau und Adam Hartmann mit Tochter und Enkelkindern vor dem alten Mühlengebäude

Der Bauplan der Mühle an der Brücke nach Rohrbach…

…und Adam Hartmann mit Tochter und Enkeltöchtern.

Die Oberndörfer Mühle

Die Mühle in Ober-Modau, erstmals 1467 durch eine Amtsrechnung erwähnt, verfiel infolge des Dreißigjährigen Krieges, bis Georg Oberndörfer die im Wiederaufbau befindliche Mühle 1703 kaufte. Über die Zeit der ersten Erwähnung bis zu Oberndörfers Kauf ist nichts bekannt.

Zu der Mühle gehörte eine mit Wasserkraft betriebene Holzschneiderei; das Holz der Rohrbacher Kirche wurde hier geschnitten. Der Mühlenbetrieb geht Mitte des 19. Jahrhunderts zu Ende, und 1839 wird im Mühlengebäude eine Zündholzfabrik eingerichtet, der 1911 eine Diamantschleiferei folgte.

Heute beherbergt das ehemalige Fabrikgebäude die „Mühle Bachprinz“, ein Gruppenhaus für Selbstversorger, das auch für private Veranstaltungen und Seminare genutzt wird.

Pläne der Zündholzfabrik Schneider und Sohn

Um 1884 wurde die abgebrannte Mühle durch die Zündholzfabrik Schneider & Sohn wieder aufgebaut.

Die Pfannenmühle

Historische Unterlagen bezeugen, dass Landgraf Ludwig VI. 1672 in Wembach eine Mahlmühle mit oberschlächtigem Wasserrad bauen ließ. Er fand Gefallen an dem von Wäldern und Wiesen umgebenen Ort und ließ am Ende des Dreißigjährigen Kriegs dort eine Sommerresidenz errichten. An den dort ab Sommer 1669 angelegten Teichen wurde eine Mahlmühle gebaut. Sie hieß damals Teich- oder gebräuchlicher Pfannenmühle.

Lange konnte sich Ludwig seiner neuen Lustanlage nicht erfreuen, da er bereits 1678 mit 48 Jahren starb. Sein Sohn Ernst Ludwig hatte kein Interesse an den Anlagen. Sie kamen den Waldensern, die 1699 in Rohrbach, Wembach und Hahn die meist menschenleeren, häufig zerstörten Häuser nach den Pest- und Kriegszeiten übernahmen, zupass. Im März 1700 wurden die landgräflichen Höfe in der Gemarkung offiziell an die Waldenser verpachtet. Das Jagdhaus wurde 1727 an sie verkauft und zu einer Kirche umgebaut, die fast 100 Jahre Bestand hatte.

1835 weihten sie ihre neue Kirche in der Ortsmitte ein. Nahezu zeitgleich wurden die beiden Teiche trocken gelegt und als Wiesen betrieben. Da die Mühlenbetreiber ohnehin kein harmonisches Zusammenleben mit den Waldensern pflegten und die Mühle infolge zu geringem Wasserzufluss nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte, wurde das Mühlengebäude verkauft und abgerissen.

Aus dem Abbruchgemäuer entstand eine neue Hofreite in der Schloßstraße. Bemerkenswertes Utensil aus der Mühle ist das in Stein gemeißelte Chronogramm. Es beinhaltet römische Zahlen, die durch ihre besondere Größe hervorgehoben sind. Sie ergeben die zeitliche Datierung des Baus der Mühle: MDCLX (hierfür steht bei der Inschrift das W) V-VII = 1665-1667. Dieser Stein hält noch heute die Erinnerung an die damalige Wembacher Mühle wach.

Die Inschrift auf der Sandsteinplatte der alten Mühle

Die Sandsteinplatte der Mühle an ihrem Standort in der Schloßstraße.

Die Mühlenstandorte

Die Karte mit den Mühlenstandorten

Mit einem Klick auf den Namen der gesuchten Mühle gelangen Sie zu ihrem Standort auf GoogleMaps

1     Schachenmühlen
2     Waldmühle
3     Eismühle
4     Hafermühle
5     Beromühle
6     Hammermühle
7     Eichelmannsmühlen
8    
Helgertsmühle

  9     Neue Schloßmühle
10     Alte Schloßmühle
11      Obere Mühle
           am Neutscher Bach
12     Brückenmühle
13     Oberndörfer Mühle
14     Pfannenmühle